Nichts müssen, alles können.

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Über eine Woche ist mein letzter Tag als Angestellte einer Agentur her. Damit habe ich 10 Jahre Angestellten-Dasein hinter mich gebracht. Der letzte Tag war ein schwerer Tag voller Trauer und Zweifel. Lauter Gedanken lähmten mein Hirn: „Ist das der richtige Schritt? Hier sind doch alle so nett. Das ist doch meine Lieblingsagentur. Ich hab hier doch sooo viel erreicht und war doch eigentlich auch hier frei. Was mach ich nur ohne die tollen immer neuen Impulse der unglaublichen tollen Leute da. Kann ich denn wirklich mein eigener Chef sein?“ Ich ging und legte am nächsten Tag alle Verbindungen ab, stellte alle meine SoMe Profile um und hatte eigentlich erst mal vor, nichts zu tun außer aufräumen, Wäsche machen, Gartenarbeit und die Kinder endlich mal pünktlich von der Kita abzuholen…

Als Übergangsprojekt hatte ich mir fünf Tage Fasten verordnet. Der Körper sollte mal an erster Stelle stehen. Eigentlich hatte ich früher immer einmal im Jahr gefastet. Seit die Kinder da sind, habe ich es nicht mehr geschafft und musste immer abbrechen. Zum Fasten muss man bei Kräften sein und gesund sein und das war ich nicht ausreichend. Und auch diesmal waren die ersten beiden Tage unglaublich schwer, viel schwerer als früher. Es war als würde mich eine überdimensionale Hand niederdrücken. Die ganzen negativen Gedanken nahmen überhand und ich war voller Zweifel. Aber die eigene Körperlichkeit besiegte die geistige Unruhe und ich schlief fast zwei Tage durch. Nur für die Kinderdienste stand ich auf. Sobald die Kinder in der Kita oder im Bett waren, fiel ich wieder in einen tiefen Schlaf. Ich glaub soviel hatte ich seit der Kinder nicht mehr geschlafen innerhalb von zwei Tagen.

Ich habe mich frei geschlafen.

Am Ende des zweiten Tages voller Kopfschmerzen vom Koffeinentzug hatte ich schon das Aufgeben eingeplant, war dann aber zu müde, um was zu essen und schlief wieder ein. Am Morgen des dritten Tages war es da; das Fasten-Hoch. Die rosarote Wolke umhüllte mich und plötzlich ergab alles einen Sinn.

Ich hatte an diesem Tag mehrere Termine eingeplant inkl. Mittagsdates. Termine, um über potenzielle Aufträge zu sprechen. Und es wurde der Anfang einer unglaublichen Woche. Ohne einen genauen Plan gehabt zu haben, sondern nur eine fixe Idee im Kopf und ein paar Gespräche, steht nach einer Woche ein relativ konkretes Geschäftsmodell und jeden Tag kommen neue Impulse, alte Kontakte, neue Möglichkeiten hinzu. So dass ich plötzlich abends lieber den Arbeits-, als den Nähplatz wähle, weil arbeiten wieder so unglaublich viel Spaß macht. Ich bin mein eigener Chef, ich gehöre jetzt zu denen „da draußen“ und habe jeden Tag Möglichkeiten vor mir liegen, aus denen ich wählen kann. Alles Tun scheint plötzlich ein Kann und kein Muss mehr zu sein.

Ja, ja, es ist ja erst eine Woche und ich stecke voller Euphorie, die ich hier heute einfach mal loswerden muss, damit ich mich später, wenn nichts mehr neu und aufregend ist, die Aufträge fehlen und das Geld knapp wird, an diese ersten Tage der Selbstständigkeit zurück erinnere. Und ein Teil bleibt eh sehr skeptisch, ob das alles wirklich so einfach gehen soll. Kommt da nicht bald eine Krise, die mir den stinkenden Mittelfinger zeigt? Werden die Kinder krank? Passiert irgendwas unerwartetes? Oder ist es einfach der Anfang von der logischen Konsequenz meines gesamten bisherigen Schaffens?

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