Generation Dazwischen

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Wir sind nicht Generation X oder Generation Y.

Wir sind Kinder der 90iger. Unsere Kindheit begann mit Nena’s „99 Luftballons“ oder City’s „Am Fenster“ und endete mit dem Ende der Loveparade 2010.

Wir sind keine Ossis und auch keine Wessis. Wir sind Deutsche, denen es seltsam vorkommt sich als Deutsch zu bezeichnen. Wir beginnen uns eher als Europäer zu fühlen. Wir reisen und haben schon viel von der Welt gesehen. Wir sprechen mehrere Sprachen und geben unseren Kindern am liebsten einfache, deutsche Namen.

Wir sind die erste Generation, die zahlreich wieder Kinder bekommt. Wir sind Eltern.
Wir haben Angst, dass es unseren Kindern nicht mehr bessergehen wird als uns, weil wir ahnen, dass Verbesserung nicht nur etwas mit materiellem Zugewinn zu tun hat.

Wir haben das Internet gemacht und sind dort eingezogen. Von dort haben wir den Beginn der digitalen Revolution miterlebt. Uns ist unser digitales Zuhause oft genauso wichtig wie unser reales.

Wir sind die Generation flexibel.

Aufgewachsen in einer Zeit, wo das Hauptthema Arbeitslosigkeit war. Uns wurde noch Arbeit als Lebens-Sinn-Gebend vorgelebt.

Von uns wurde Leistungsbereitschaft und ständiges Anpassen verlangt. Manche von uns haben sich so sehr angepasst, dass sie nicht mehr wissen, wer sie eigentlich sind und ständig nach sich selber suchen müssen.

Wir haben aus Arbeit Jobs gemacht und das Sein durch Arbeit nach hinten gestellt und verstehen, dass unser Werden nicht mit einem Job zusammenhängt.

Wir lachen über Work-Life-Balance, weil wir wissen, dass es diese nicht gibt, sondern nur ein Leben.

Wir waren die Generation Praktikum.

Wir sind von Generation „strukturelle Arbeitslose“ zur Generation „Sabbatical“ geworden.
Wir sind Generation Job-Hopping.
Wir sind Generation „befristete Arbeitsverträge“
Wir sind Generation Freelancer.
Wir sind Generation Verantwortung.

Wir tragen Verantwortung für uns selbst und unsere Familien und verlassen uns immer weniger auf den Sozialstaat und sind doch froh, dass es ihn (noch) gibt.

Wir zahlen in Riesterrenten und Bausparverträge, kaufen Immobilien, weil wir die ersten sind, die sich nicht mehr auf den Renten-Generationenvertrag verlassen können.
Wir werden niemals Rentner sein.

Ein paar von uns haben ihr erstes Taschengeld in eine neue Währung umrechnen lassen müssen und dann ihr erstes Selbstverdientes Geld. Wir haben schon drei Wirtschaftskrisen miterlebt oder wegstudiert, um zu verstehen, dass einfach nichts bleibt.

Wir sind aus der Generation Krise zur Generation Transformation geworden.

Wir haben gegen Kriege diskutiert, vielleicht sogar demonstriert, aber auf jeden Fall an die 15 digitale Petitionen „Dagegen“ unterzeichnet. Wir sind die Enkel der letzten Zeitzeugen des Nationalsozialismus und erleben jetzt, wie mit unseren Großeltern das gesellschaftliche Gedächtnis immer mehr an Demenz leidet und droht mit ihnen zu sterben.

Wir sind nicht Anti und auch nicht Kompromiss, wie suchen immer Kooperation.

Wir sind nicht gestern, aber auch nicht Morgen. Wir sind dazwischen.

Wir sind die Reflexion dessen, was war und die Architektur dessen, was kommt.

Wir bewundern die, die vor uns geboren sind … manchmal sind sie nur 2 Jahre älter als wir, weil sie genau wissen, was sie nicht wollen, und stets dagegen eintreten und kämpfen … für ihr ideales Bild einer Gesellschaft und Gemeinschaft, in der sie leben wollen.

Wir bewundern die, die nach uns geboren sind … manchmal sind sie nur 2 Jahre jünger als wir, weil sie genau wissen, was sie für sich wollen und das stets zu vertreten wissen. Sie streben nach der Maximierung des individuellen Glücks.

Wir sind die, die sich selbst nicht genug sind, um Individualisten zu werden, aber die die Gesellschaft in so vielem verwundert betrachten, um sich nicht dazugehörig zu fühlen.

Wir sind die Generation dazwischen:

Wir sind Generation Ungewiss und Zuversicht.
Wir sind Generation Sicherheit und Freiheit.
Wir sind Generation Flexibilität und Werte.
Wir sind Generation Zuhause und Fernweh.
Wir sind Generation Aktion und Reaktion.

Wir leben unsere Träume oder filtern unser Leben zum digitalen Traum.

Wir haben keine Angst vorm Alt-Werden. Uns überrascht nichts, weil wir gelernt haben zu reagieren.
Wir sind die Generation Hoffnung und Wird-Schon.

Wir sind die Generation Resilienz.

Wir sind die Generation Werte und Ziele.
Wir sind neu und wir sind alt.

Wir sind die Generation Dazwischen.

14 comments on “Generation Dazwischen

  1. Sie sollten sich um eine positive Lebenseinstellung bemühen. Das „uns geht es schlechter, als allen vor uns“ bringt Sie nicht weiter, weil es zum einen unwahr ist und zum anderen ohnehin Ihrer persönlichen Entscheidung obliegt.

    Stellen Sie alles weinerliche ab und wenden Sie sich den Aufgaben des Lebens zu; das ist gelegentlich anstrengend genug.

    Ein kleiner Tip am Rande: verfallen Sie nicht in populistisches Aufzählen von Unwahr-heiten, sondern prüfen Sie selber alle Aussagen auf Faktenbestand hin. Sie werden schnell glücklicher!

    1. Danke für den Tipp! Ich kann nur ahnen, dass anscheinend meinen Aussagen des Textes bei Ihnen anders als gemeint angekommen sind. Nun ja Kommunikation ist eben unwahrscheinlich wie Luhmann so schön sagt.

        1. Lieber Hr. Hufnagl, vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort und dass Sie sich sooo intensiv mit meinem Text befasst haben. Mich würde ja mal interessieren, wenn Sie Ihr „Generationsgefühl“ in einen Text packen würden, wie diese dann aussehen würde. Viele Grüße Jana Stecher

          1. Ich werde das gerne versuchen. Meckern ist natürlich leichter, als kreieren. Ich werde mir Mühe geben und mich asap melden.

        1. Lieber Hr. Hufnagl, vielen, vielen Dank dafür. Haben Sie einen Blog oder einen Account bei Medium? Stellen Sie doch Ihre Sicht dort sehr gern online. Ich würde sie gern verlinken.
          Letzlich ist Ihre Sicht richtig und meine ebenso (hier möchte ich Ihren Vorwurf des Populismus von mir weisen), denn sicher verarbeiten wir geschichtliche Fakten, aber es schwingen auch immer persönliche Eindrücke mit. Z.B. ich selber bin in der DDR geboren und das Internet war in unserem Haushalt, trotz Nähe zur Post (später übergegangen in die Telekom) erst in den 90igern präsent. Gleitzeit gab es für meine Eltern nicht. Sie waren froh, dass sie einige der wenigen waren, die ihre Arbeit nicht verloren haben. Das prägt auch die Kinder. So wurde ich erzogen mit dem Glauben, dass Arbeit vorranig errähren soll, nicht Spaß machen. 😉 Das sind völlig unterschiedliche Erfahrungen, die eben auch eine Haltung für die heutige Weltsicht bedingen.
          Ich hoffe, dass Sie mit Ihrem Abschluss: „Wir lebten von 1947 an in einer friedlichen, ruhigen Zeit und können uns als eine der
          glücklichsten Generationen der Erdgeschichte bezeichnen.“ nicht recht behalten. 😉 Ich hoffe und engagiere mich täglich dafür, dass auch unsere Zeiten und die kommenden, zu glücklichen Zeiten gehören.
          Und zu Ihrer anfänglichen Behauptung meine Lebenseinstellung sei zu negativ…. bei Weitem nicht … Wie könnte ich sonst zur Generation „Wird Schon!“ gehören.

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